Feuerwerk Keine Böller mehr an Silvester? Das fordern Umweltschützer jetzt in Sachsen-Anhalt
In den letzten Jahren waren Böller wegen der Corona-Pandemie verboten und waren nicht erhältlich. Anders in diesem Jahr: Zu Silvester können Raketen, Knaller & Co. gekauft werden. Was Umweltverbände daran kritisieren.
Magdeburg - Als vor drei Jahren ein Fachwerkhaus in der historischen Innenstadt während der Silvesternacht Feuer fing, war der Schock groß in Salzwedel. Ob Pyrotechnik den Brand auslöste, blieb zwar unklar, trotzdem beschloss der Stadtrat zehn Monate später ein Feuerwerksverbot in der Altstadt. Damit gehört die Stadt im Norden des Landes zu den Ausnahmen in Sachsen-Anhalt. Die meisten Gemeinden verzichten auf Böllerverbotszonen.
Es wird also wieder laut werden an diesem Jahreswechsel. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit wird deutlich mehr gezündet als in den vergangenen zwei Jahren, als wegen der Corona-Pandemie der Verkauf von Feuerwerk stark eingeschränkt war. Dabei hätte es manch einer gerne gesehen, wenn die Silvester-Regeln der Pandemie auf unbestimmte Zeit verlängert worden wären.
Argumente für ein allgemeines Böllerverbot an Silvester
Zuletzt hatte die Deutsche Umwelthilfe in einem offenen Brief Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dazu aufgefordert, den privaten Verkauf von Pyrotechnik zu unterbinden. Auch der Landesverband Sachsen-Anhalt des Naturschutzbundes Deutschlandes (Nabu) ruft mit Nachdruck zum Verzicht auf.
Die Umweltschützer verweisen nicht nur auf die erhöhte Feinstaubbelastung in der Luft, sondern vor allem auf die Auswirkungen auf Haus-und Wildtiere. Der Lärm und die grellen Farben lösten bei vielen wildlebenden Tierarten einen starken Fluchtreflex aus.
„Besonders Vögel sind betroffen und zeigen bisweilen selbst bei einer Entfernung von vier bis sieben Kilometern Angst- und Fluchtverhalten“, heißt es in einer Pressemitteilung. In Panik würden sie Hindernisse wie Glasscheiben und Stromleitungen übersehen. Zudem reiße die Knallerei Tiere aus dem Winterschlaf, was oft tödlich ende. Deswegen plädiert der Nabu für zentrale Feuerwerke an festgelegten Zeiten.
Warnung vor illegalem Feuerwerk an Silvester
Ins Feld gegen die Böllerei wird außerdem die Überlastung von Polizei und Krankenhäusern geführt. Doch ist dies wirklich der Fall? Fragt man die Betroffenen in Sachsen-Anhalt, fallen die Antworten gar nicht mal so eindeutig aus.
Von einem generellen Feuerwerksverbot hält Uwe Bachmann, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), wenig. „Aber natürlich müssen die Menschen verantwortlich mit Feuerwerkskörpern umgehen“, sagt Bachmann. Von nicht zugelassenen Produkten solle man tunlichst die Finger lassen.
Dass Böller zu einer höheren Belastung der Beamten in der Silvesternacht führen, hält der Gewerkschafter indes für eine Mär. Körperverletzungsdelikte spielen nach seiner Erfahrung eine viel größere Rolle. Dazu passt eine Beobachtung der Polizeidirektionen Magdeburg und Halle. Auf das Einsatzgeschehen hätten die Einschränkungen der vergangenen beiden Jahre kaum Einfluss gehabt, konstatieren die beiden Dienststellen.
Böllerverbot: Tatsächliche Entlastung für Krankenhäuser und Kliniken?
Ein ähnliches Urteil fällt die Uniklinik Magdeburg. „Die Notaufnahme wurde durch die Böller-Einschränkungen nicht wesentlich entlastet“, teilt Kliniksprecherin Ögelin Düzel mit. Das Klinikpersonal habe zum Jahreswechsel mehr mit Körperverletzungen, Alkohol-und Drogenmissbrauch sowie Unterkühlungen zu tun.
Die Gefahr durch Feuerwerk will Düzel gleichwohl nicht in Abrede stellen. Die Verletzungen an Händen und Augen können schwerwiegend sein. Darauf verweist auch Katja Bose, Sprecherin des Helios-Klinikums Burg. Der Silvesterdienst sei erfahrungsgemäß sehr stressig. Dazu würden von Feuerwerk verursachte Verletzungen beitragen.
Wenig überraschend spricht sich der Bundesverband Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk (BVPK) gegen ein Böllerverbot aus. Die Interessenvertreter der Feuerwerksbranche befürchten, dass sich die Menschen stattdessen mit illegalen Produkten aus dem Ausland eindecken. Vor gut vier Wochen hatte die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel 19 000 in Deutschland nicht zugelassene Feuerwerkskörper unweit der polnischen Grenze bei einer Kontrolle eines Lkw beschlagnahmt.