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Kultur Hunderttausende feiern Karneval der Kulturen

Nach drei Jahren Pause gibt es wieder die große Parade beim Karneval der Kulturen: Hunderttausende feiern ausgelassen. Auch Berlins Regierungsspitze zeigt sich. Ein wichtiges Zeichen für die Zukunft?

Von Helena Dolderer und Marion van der Kraats, dpa 27.05.2023, 18:38
Der Zug des Kinderkarnevals der Kulturen zieht durch Kreuzberg.
Der Zug des Kinderkarnevals der Kulturen zieht durch Kreuzberg. Christoph Soeder/dpa

Berlin - Knallbunte Kostüme, Trommelklänge, ausgelassenes Tanzen auf den Straßen - nach drei Jahren coronabedingter Pause ist der Karneval der Kulturen zurück. Bei blauem Himmel und strahlenden Sonnenschein haben am Pfingstwochenende rund eine Million Menschen nach Veranstalterangaben in Berlin-Kreuzberg gefeiert. Allein den Karnevalsumzug - Höhepunkt des viertägigen Festes - verfolgten nach Veranstalterangaben rund 550.000 Menschen. „Es war ein rundherum gelungenes Fest mit euphorischer Stimmung“, sagte Sprecherin Christiane Dramé am Montag.

Entlang der Strecke von Kreuzberg nach Neukölln war es brechend voll. Zeitweise musste die Polizei mehrere U-Bahnhöfe dicht machen, darunter das Hallesche Tor, Mehringdamm und Hermannplatz, damit es an bestimmten Punkten nicht zu voll wurde. Die Polizei begleitete das Fest nach eigenen Angaben mit etwa 1300 Einsatzkräften. Eine Polizeisprecherin sprach am Montag von einem „weitgehend friedlichen und störungsfreien Verlauf“.

„Ich habe nicht erwartet, so emotional zu sein“, sagte Co-Leiterin Geraldine Hepp angesichts der feiernden Menge am Sonntag. „Die Stimmung ist das, wofür wir das alles machen. Was die Communities hier schaffen, ist ein Geschenk für die Stadt.“

Viele der 48 Gruppen sind bereits seit Jahren Stammgäste bei dem Umzug, dem Höhepunkt des viertägigen Karnevals in Kreuzberg. Aufwendige Kostüme, bunte Farben und internationale Musik prägen das Straßenbild bei der Parade. Rund 2500 Künstlerinnen und Künstler zogen tanzend, trommelnd, turnend und singend entlang der Gneisenaustraße in Richtung Hermannplatz. Statt mit Motorfahrzeugen waren diesmam viele Gruppen mit Lastenrädern, Rikschas oder Bollerwagen unterwegs.

Sarah Ullrich gehörte als Leiterin der Gruppe Marafoxé Nação Nagô, dazu. „Wir wollen etwas von der traditionellen afrobrasilianischen Kultur zeigen“, schilderte Ullrich, während sie etwas Wasser aus einer Flasche auf das Ziegenfell ihrer großen Trommel schüttete und verrieb. „Die Trommel habe ich frisch bezogen“, erklärte sie. „Mit dem Wasser wird das Fell weicher und reißt nicht.“

Das Straßenfest rund um die Amerika-Gedenkbibliothek am Bahnhof Hallesches Tor besuchten laut Veranstalter an den vier Tagen insgesamt rund 560.000 Menschen. „Ich freue mich, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen hier sind, alle sind so glücklich“, sagte Ahmad Hussain, Mitarbeiter des Begleitprogramms „Learning by doing“ der Berliner Stadtmission. Das soziale Projekt aus Spandau unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund und Zufluchtsgeschichte.

„Beim Karneval kommen alle zusammen. Es ist Vielfalt!“, erklärte Co-Leiterin Hepp. Sie organisierte das Festival in diesem Jahr zum ersten Mal, an der Seite der erfahrenen Aissatou Binger. Doch trotz der ausgelassenen Stimmung gibt es Sorgen um die Zukunft des Stadtfests. Wie so oft geht es ums Geld.

Schon in diesem Jahr musste der Umzug aus Kostengründen kleiner ausfallen. In den Jahren vor der Corona-Krise liefen üblicherweise bis zu 90 Gruppen auf der Parade mit statt der 48 in diesem Jahr. Es bleibt unklar, wie der Karneval in Zukunft finanziert werden soll. „Die Gespräche mit dem Senat und möglichen Sponsoren für nächstes Jahr laufen schon. Wir sind optimistisch“, betonte Hepp.

Berlins neuer Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Vorgängerin Franziska Giffey (SPD), die nun das Wirtschaftsressort leitet, verfolgten zumindest den Karnevalsumzug. Und Berlins neuer Kultursenator Joe Chialo (CDU) gab sich zuversichtlich: „Eines ist klar: Nächstes Jahr werden wir wieder hier stehen und auch das Jahr danach“, sagte er am Sonntag dem RBB. Bei der Finanzierung pocht er auch auf unternehmerische Beteiligungen. Schließlich profitiere die Wirtschaft vom Karneval der Kulturen.