Nach der Brandenburg-Wahl AfD-Ergebnis - Forscher sieht Versäumnisse anderer Parteien
Wie blicken Vertreter aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Gedenkkultur auf das Ergebnis der Brandenburger Landtagswahl? Auch wenn die SPD stärkste Kraft ist: Das AfD-Ergebnis beschäftigt einige.
Potsdam - Der Extremismusforscher Gideon Botsch sieht nach den Zugewinnen der AfD bei der Brandenburger Landtagswahl Versäumnisse anderer Parteien. „Die Themen der AfD konnten diese Wahl nur bestimmen, weil die demokratischen Parteien zugelassen haben, dass sie von der AfD in dieser Form auf die Agenda gesetzt wurden“, sagte Botsch bei einer Pressekonferenz des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien. Der Politikforscher leitet die Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus an dem Zentrum.
„Die Strategie der Union, die AfD mit einem scharfen rechtspopulistischen Wahlkampf zu überflügeln und sich aus der Regierungsverantwortung heraus als eine Art Opposition zu inszenieren, ist nicht aufgegangen“, sagte Botsch. Auch die SPD sollte diese Wahl nicht als Sieg missverstehen. Die demokratische Disziplin von Wählerinnen und Wählern, die Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke als aussichtsreichste Alternative zur AfD gewählt hätten, hätte die entscheidenden Prozentpunkte für die SPD gebracht. „Mittelfristig sollte dieser Effekt nicht zum ständigen Kalkül der demokratischen Parteien werden“, betonte Botsch.
Nach dem vorläufigen Ergebnis der Landtagswahl erreichte die SPD 30,9 Prozent. Die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird und in Umfragen lange vorn gelegen hatte, kam auf 29,2 Prozent. Botsch zufolge besteht kein direkter kausaler Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Gesamtlage und Rechtswahl-Trend. „Eine politische Strategie, die vorrangig hofft, der AfD durch Verbesserung der wirtschaftlichen Kennziffern zu begegnen, wird nicht ausreichen.“
Forderungen an Abgeordnete und neue Landesregierung
Die Leiterin der Geschäftsstelle des Aktionsbündnisses Brandenburg, Maica Vierkant, forderte bei der Pressekonferenz, dass es im Parlament keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen, keine Ämter und keine Stimme für Rechtsextreme geben dürfe. Judith Porath, Geschäftsführerin der Beratungsstelle Opferperspektive, formulierte ihre Erwartung an die neue Landesregierung: Es brauche „ein klares Signal, dass der Schutz von Betroffenen von Diskriminierung sowie rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt oberste Priorität haben wird“, sagte sie.
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, sieht die Gedenkstättenarbeit angesichts des Wahlergebnisses der AfD künftig vor „zunehmend großen Herausforderungen“.