Asylpolitik Gewerkschaft: Anwesenheit in Flüchtlingsunterkunft erfassen
Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen hat die Bundesregierung ihren Kurs in der Migrationspolitik verschärft. In Berlin wird über die Abschiebepraxis diskutiert.
Berlin - In der Diskussion über die Abschiebepraxis in Berlin erneuert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ihre Forderung nach einer verpflichtenden Erfassung der Anwesenheit in Flüchtlingsunterkünften. Um geplante Abschiebungen erfolgreich umsetzen zu können, müssten diese tagesaktuell sein und an die Ausländerbehörde gemeldet werden, so der Berliner GdP-Landeschef Stephan Weh.
Hintergrund der Forderung ist, dass geplante Abschiebungen regelmäßig scheitern, weil Polizisten ausreisepflichtige Menschen nicht an den bekannten Aufenthaltsorten antreffen. Die Menschen würden frühzeitig über soziale Medien und Messengerdienste gewarnt werden. „Wenn wir dieses Frühwarnsystem nicht abschalten, wird es nicht mehr Abschiebungen geben“, erklärte Weh im Vorfeld einer Diskussion im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Montag.
Gewerkschaft: Abschiebegewahrsam am BER
Aus Sicht der Gewerkschaft muss Berlin zudem die rechtlichen Möglichkeiten der Abschiebehaft und eines Ausreisegewahrsams nutzen. „Dies beinhaltet die Schaffung einer entsprechenden Liegenschaft, die über personelle und logistische Kapazitäten verfügt, um humanitäre Grundsätze zu gewährleisten“, sagte Weh. Aus seiner Sicht eignet sich dafür ein gemeinsames Zentrum mit Brandenburg am Hauptstadtflughafen BER.
Nach Angaben des Landesamts für Einwanderung (LEA) wurden Ende August 42 Abschiebungen per Charter nach Moldau vollzogen, geplant waren laut GdP 330. Anfang September wurden demnach 10 Menschen nach Georgien abgeschoben, geplant waren 35. Vom Landesamt hieß es auf Anfrage, es erfolge „regelmäßig eine Überbuchung von Festnahmeersuchen an die Polizei Berlin“, weil die Erfahrung zeige, dass Ausreisepflichtige häufig nicht an der den Behörden bekannten Adresse angetroffen würden.
Weniger Abschiebungen im ersten Halbjahr 2024
Im ersten Halbjahr 2024 gab es nach Gewerkschaftsangaben insgesamt 516 Abschiebungen, 395 davon durch Festnahmen nach Ersuchen des Landesamts für Einwanderung (LEA). Im Vorjahreszeitraum wurden demnach 635 Abschiebungen nach 487 erfolgreichen Festnahmen vollzogen. Einen wesentlichen Grund für den Rückgang um knapp 19 Prozent sieht die Gewerkschaft vor allem in der Fußball-Europameisterschaft im Sommer, die bei der Polizei Kräfte gebunden hat.