Propalästinensische Proteste Prozess zu Besetzung an Uni gegen Geldauflage eingestellt
Ein Gebäude der Berliner Humboldt-Universität wird von propalästinensischen Aktivisten blockiert. Schließlich schreitet die Polizei ein. Zum Prozess wegen Hausfriedensbruch kommt es nicht.
Berlin - Sechs Monate nach der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität ist der Prozess wegen Hausfriedensbruch gegen einen Teilnehmer eingestellt worden. Darauf einigten sich alle Verfahrensbeteiligten vor Prozessbeginn, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Der 24-Jährige muss 150 Euro als Auflage an eine Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migranten zahlen.
Der junge Mann war zunächst per Strafbefehl, also ohne mündliche Verhandlung, zu einer Geldstrafe von 300 Euro (15 Tagessätze zu je 20 Euro) verurteilt worden. Dies hatte der 24-Jährige nicht akzeptiert, darum sollte es zum Prozess vor dem Amtsgericht kommen.
Laut Staatsanwaltschaft hatte sich der Mann am 22. Mai mit etwa 60 weiteren Menschen an der propalästinensischen Aktion in der Hochschule beteiligt. Trotz Aufforderung der Universitätsleitung habe der 24-Jährige das Gebäude nicht verlassen, sondern sei in der Universität geblieben.
Insgesamt wurden im Kontext mit der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften von der Berliner Polizei 225 Strafanzeigen erfasst, wie aus einer Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse hervorgeht. Davon seien noch 76 Verfahren offen. In 39 Fällen sei ohne mündliche Verhandlung vor Gericht ein Strafbefehl erlassen worden. Die restlichen Strafverfahren wurden demnach eingestellt oder - etwa wegen des Wohnortes - an eine andere Staatsanwaltschaft abgegeben.
Bei Besetzung der Uni Wände beschmiert
Die Universitätsleitung hatte zunächst die Besetzung aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser geduldet und auf einen Dialog mit den Besetzern und Wissenschaftlern gesetzt. Den propalästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten wurde allerdings eine Frist gesetzt. Später wurde die Besetzung von der Polizei geräumt. Zurück blieben laut Hochschule Sachbeschädigungen vor allem durch Schmierereien an den Wänden mit Nahost-Bezug. Der Schaden wird von der Uni mit 150.000 Euro beziffert.
Der Gaza-Krieg hat in der Berlin mehrfach zu Aktionen an Hochschulen geführt, die die Berliner Staatsanwaltschaft beschäftigen. Zudem gibt es Hunderte Verfahren im Kontext mit Demonstrationen, zu denen es seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 regelmäßig in der Hauptstadt kommt.
Prozesse zu umstrittener Parole „From the river to the sea“
Immer wieder geht es dabei um die Strafbarkeit der Parole „From the river to the sea“. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer - dort, wo sich jetzt Israel befindet.
Seit Mittwoch steht eine 25-Jährige wegen der umstrittenen Parole vor dem Amtsgericht Tiergarten. Sie räumte im Prozess ein, im November 2023 bei einer Demonstration ein Pappschild mit der Aufschrift „From the river to the sea - let palestine be free“ gezeigt zu haben. Sie habe damit auf die Situation der Menschen in Gaza aufmerksam machen wollen, gab sie an. Es sei ihr nicht darum gegangen, Israel ein Existenzrecht abzusprechen.
Per Strafbefehl war sie zu einer Geldstrafe von 900 Euro (30 Tagessätze zu je 30 Euro) verurteilt worden. Dies akzeptierte die 25-Jährige nicht. Der Prozess soll am 2. Dezember fortgesetzt werden.
Urteil aus Berlin wird zum Fall für BGH
Anfang November hatte das Berliner Landgericht den umstrittenen Slogan erstmals als Verwendung von Kennzeichen terroristischer Organisationen gewertet und eine 42-Jährige zu einer Geldstrafe von 1.300 Euro (130 Tagessätzen zu je 10 Euro) verurteilt. Die Hamas habe sich den Spruch zu eigen gemacht, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Parole stelle ein Kennzeichen der Hamas dar.
Strafgerichte bewerten dies bislang unterschiedlich. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es bislang nicht. Da die Verteidigung Revision eingelegt hat, wird die Sache zum Fall für den Bundesgerichtshof (BGH).