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Landesregierung Ministerin: Förderschulen Lernen werden abgeschafft

Sollte es für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf beim Lernen eigene Schulen geben - oder sollten alle in die Regelschulen integriert werden? Im Landtag wird darüber erneut hitzig diskutiert.

Von dpa 22.03.2023, 13:03
Julia Willie Hamburg (Grüne), Kultusministerin von Niedersachsen, spricht im Landtag.
Julia Willie Hamburg (Grüne), Kultusministerin von Niedersachsen, spricht im Landtag. Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild

Hannover - Niedersachsens Landesregierung hat das geplante Aus für die Förderschulen Lernen gegen Kritik von CDU und AfD verteidigt. „Die Förderschule Lernen wird auslaufen, und ich prognostiziere Ihnen: Sie wird auch nicht wieder eingeführt werden, nicht in fünf Jahren und auch nicht in zehn Jahren“, betonte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) am Mittwoch im Landtag in Hannover.

Studien belegten, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler von der Inklusion an Regelschulen profitierten. „Sie machen vermehrt überhaupt qualifizierte Abschlüsse, und sie machen bessere Abschlüsse und haben damit viel mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt und für die eigenständige Gestaltung ihrer Zukunft“, sagte Hamburg.

Nach Angaben des Kultusministeriums gibt es derzeit noch 54 Förderschulen Lernen landesweit, rund 120 sind schon ausgelaufen. Mehr als 19.000 Schülerinnen und Schüler mit dem Unterstützungsbedarf werden bereits inklusiv beschult, lediglich 4400 sind noch in einer Förderschule Lernen. Deren schrittweises Aus war 2012 unter dem damaligen Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) beschlossen worden. Spätestens 2028 fallen die noch verbliebenen weg.

Anders als vor elf Jahren setzt sich die CDU aber inzwischen für einen Erhalt der Förderschulen Lernen ein. Von der SPD erntete sie dafür am Mittwoch in einer hitzigen Debatte den Vorwurf, „am rechten Rand zu fischen“. Der SPD-Abgeordnete Ulrich Watermann, der nach eigenen Worten als Kind wegen einer Lese-Rechtschreib-Schwäche zunächst selbst auf eine Sonderschule gehen sollte, sagte in Richtung der CDU: „Sie versündigen sich an diesen Kindern.“

Der CDU-Bildungspolitiker Christian Fühner entgegnete, es gehe nicht darum, Kinder abzuschieben, sondern darum, eine Wahlfreiheit für diejenigen zu ermöglichen, die im inklusiven Schulsystem nicht zurechtkämen. Die Grünen-Abgeordnete Lena Nzume betonte indes: „Inklusion ist ein Menschenrecht.“

Einen Gesetzentwurf der CDU zum Fortbestand der Förderschulen Lernen lehnte der Landtag anschließend ebenso ab wie einen Antrag der AfD zum Erhalt dieser Schulen.

Die Bildungsgewerkschaft GEW unterstützte diese Entscheidung. Allerdings bräuchten die Schulen mehr Geld für die Inklusion. „Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann die inklusive Schule zum Gelingen geführt werden“, sagte GEW-Landeschef Stefan Störmer.

Der Lehrerverband VNL hält das bevorstehende Ende der Förderschulen Lernen dagegen für falsch. Die Praxis habe gezeigt, dass die Umsetzung der Inklusion an vielen Schulen noch immer hake. „Das geht zu Lasten von betroffenen Schülerinnen und Schülern, die in zu großen Klassen bei zu wenigem Lehr- und Unterstützungspersonal in Regelschulen nicht zurechtkommen“, sagte VNL-Chef Torsten Neumann.