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Prozess Schleusungen mit Blankodokumenten: 58-Jähriger vor Gericht

Gegen Bezahlung verschafft eine Gruppierung vor allem türkischen Staatsangehörigen illegale Aufenthaltstitel. Immer wieder werden Blanko-Dokumente genutzt, die aus Berliner Behörden gestohlen wurden.

Von dpa 10.06.2024, 14:56
Ein Schild weist auf das Landgericht Berlin hin.
Ein Schild weist auf das Landgericht Berlin hin. Jens Kalaene/dpa

Berlin - Ein mutmaßlicher Schleuser steht nach einer Tatserie vor rund fünf Jahren vor dem Berliner Landgericht. Der 58-Jährige hat laut Staatsanwaltschaft eine zentrale Rolle in einer Gruppierung eingenommen, die überwiegend türkischen Staatsangehörigen gegen Bezahlung illegale Aufenthaltstitel verschafft haben soll. Dabei seien immer wieder Blankodokumente genutzt worden, die aus Einbrüchen in Berliner Behörden stammten. 16 Fälle in der Zeit von Januar 2018 bis Ende Juli 2019 werden dem Angeklagten zur Last gelegt. Zu Beginn des Prozesses am Montag gab der Mann eine Beteiligung an einigen Taten zu. Er sei aber nicht Organisator und Kopf der Gruppierung gewesen.

Bandenmitglieder hatten laut Anklage in den meisten Fällen gestohlene Blanko-Aufenthaltstitel mit gefälschten Behördenstempeln versehen und in originale Reisepässe eingebracht. Diese seien dann durch Waschen oder sonstige Einwirkungen unbrauchbar gemacht worden, um bei der zuständigen Botschaft neue Pässe zu beantragen. Nach erneuter Ausstellung hätten die ausländischen Staatsbürger in Begleitung von Bandenmitgliedern Berliner Bürgerämter aufgesucht und sich ihren scheinbar legalen Aufenthalt durch Eintragung eines neuen Aufenthaltstitels in dem neuen Pass bestätigen zu lassen. Bis zu 16.000 Euro hätten geschleuste Personen gezahlt.

Der 58-Jährige erklärte über seinen Verteidiger, die Anklage gegen ihn sei „in vielen Punkten unzutreffend“. Er habe das Geschehen nie geleitet und könne auch nichts zu dem Diebstahl der Dokumente aus Berliner Behörden sagen. Er selbst habe in einigen Fällen „Kunden“ an einen Mann vermittelt, der Organisator der Schleusungen gewesen sei. Dieser habe denn „die Einzelheiten erledigt und den größten Teil des Geldes erhalten“.

Gegen den Angeklagten, der nicht vorbestraft ist, war bereits im Oktober 2019 Haftbefehl erlassen worden. Festgenommen wurde er schließlich im Januar 2024 in Griechenland und Ende Februar nach Deutschland ausgeliefert. Rund zwei Monate später wurde er von weiterer Untersuchungshaft verschont. Für den Prozess wegen bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern und Urkundenfälschung sind sechs weitere Verhandlungstage bis zum 3. Juli vorgesehen.