Nach der Brandenburg-Wahl Verein will taktisches Wählen verringern
Der Verein Mehr Demokratie blickt kritisch auf taktisches Wählen. Nach der Landtagswahl in Brandenburg macht er Vorschläge, wie das künftig verringert werden könnte.
Potsdam - Der Verein Mehr Demokratie hält nach der Brandenburger Landtagswahl Wahlrechtsänderungen für nötig, um taktisches Wählen zu begrenzen. Aufrufe zum taktischen Wählen seien oft ein Anzeichen dafür, dass etwas mit dem Wahlsystem nicht in Ordnung sei, teilte der Sprecher des Landesverbands von Mehr Demokratie, Oliver Wiedmann, mit. „Eigentlich sollten Wählerinnen und Wähler die Parteien wählen können, mit deren Kandidaten und Inhalten sie die größten Überschneidungen haben.“
Von taktischem Wählen spricht man, wenn Wahlberechtigte nicht für die eigentlich bevorzugte Partei stimmen, sondern für eine andere politische Kraft, um bestimmte Konstellationen zu ermöglichen oder zu verhindern. Nach Ansicht von Mehr Demokratie könnte dem etwa durch eine Absenkung der Fünf-Prozent- auf eine Drei-Prozent-Hürde entgegengewirkt werden.
Taktisches Wählen könne unbeabsichtigte Folgen haben, warnte der Verein: „Es darf bezweifelt werden, dass Teilen der Wählerschaft bewusst war, dass sie der AfD zu einer Sperrminorität verhelfen, indem sie in letzter Sekunde die SPD wählen“, kritisierte Wiedmann.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte den Wahlkampf mit seiner Aussage zugespitzt, dass er die Regierungsverantwortung abgegeben werde, falls die AfD stärkste Kraft würde. Seine SPD landete nach vorläufigem amtlichen Ergebnis knapp vor der AfD.
Die AfD, die der Landesverfassungsschutz als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft, kommt demnach im neuen Landtag auf mehr als ein Drittel der Mandate und hat damit eine sogenannte Sperrminorität. Entscheidungen, für die es eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, kann die Partei damit künftig verhindern. Relevant ist das etwa für die Wahl von Verfassungsrichtern und Verfassungsänderungen.
Grüne, Linke und BVB/Freie Wähler scheiterten nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis an der Fünf-Prozent-Hürde und sind nicht mehr im neuen Landtag vertreten. Sie haben auch kein Direktmandat gewonnen, das ihnen den Einzug trotz des Unterschreitens der Fünf-Prozent-Hürde ermöglicht hätte.
Der Verein Mehr Demokratie möchte verhindern, dass „viele Wählerstimmen unter den Tisch fallen“. Um Vorschläge für etwaige Wahlrechtsänderungen zu erarbeiten, plädiert er für ein Dialogforum mit zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie Bürgerinnen und Bürgern - etwa einen Runden Tisch oder einen Bürgerrat.